Blog Iranreise Oktober 2018

Verfasst von Marion Reutemann am .

Matin Abad – Wüste pur

Donnerstag, 11. Oktober; Frühaufsteher, Morgengymnastik und mayestätische Schahs von Persien

Früh um 5.30 gehen wir los, um bei unserer drei Kilometer entfernten Hausdüne den Sonnenaufgang zu erleben. Nachdem wir auf dem Morgenspaziergang den starken Geruch der drei Ziegenböcke des Ecocamps endlich losgeworden sind, wartet schon die nächste Herausforderung auf uns: ein Zaun mit Stacheldraht. Eigentlich erstaunlich, dass insgesamt nur eine Hose einen beachtlichen Riss abbekommen hat … Im kalten Sand und fast schon meditativ begrüssen wir die rotglühende Sonne, die uns sanft zu erwärmen beginnt. Eine Stunde später schwitzen wir wieder. Kein Wunder, wir machen zusammen Yoga im Sand am Rande des Ecocamps, wo uns niemand sieht und wir für kurze Zeit unsere Mäntel und Kopftücher ablegen. Zuhause hätte wohl niemand gedacht, dass im Iran auch so etwas möglich wäre.

Nach dem üppigen Frühstück (Fladenbrot, Tomaten, Gurken, Käse, Eierspeise, Suppe, frische Datteln und sogar Kaffee) warten fünf lustige und äusserst neugierige Viecher auf uns. Ein Reisemitglied erfährt deren ungebrochene Aufmerksamkeit, als es sie neugierig durch den Maschendraht betrachtet. Nacheinander führen die Farmer uns in kleinen Gruppen mit ihren schön geschmückten Dromedaren in die Wüste aus. Dem Leittier, einem wunderschönen Exemplar mit weissem Fell und stolzer Kopfhaltung, wird eine Glocke umgehängt, deren Ton ansatzweise etwas prosaisch tönt angesichts der Gedankenarabesken die sich in unseren Köpfen entspinnen. Entgegen der Befürchtung der Schaukelritt löse Übelkeit aus, wird niemand seekrank, manch eine fühlt sich aber kurz als Königin von Saba oder Schah von Persien.

Ganz gemütlich können wir den wunderbaren Morgen noch geniessen, duschen oder mit Tee, Kaffee und Wlan (leider sehr überlastet, da ja fast alle ihr Handy noch haben und gleichzeitig kommunizieren möchten) mit der weiten Welt in Kontakt treten.

Die Reise führt uns nun zügig weiter nach Yazd, wo wir am Abend gerne rechtzeitig ankommen möchten, damit wir noch Gold einkaufen können. Morgen ist nämlich Freitag (entspricht dem Sonntag bei uns) und alles ist geschlossen. 

Im Bus decken wir uns ein mit bestem Safran aus Süd-Chorasan, den Alexandra schachtelweise organisiert hat. Sie erzählt uns dabei, wie man diesen am besten verarbeitet: einige Safranfäden mit einer Prise Zucker mörsern, dann einen Eiswürfel dazugeben, damit der Geschmack sich richtig gut entfalten kann. Der Blick nach draussen offenbart eine schier unendliche Weite. Hügelketten oder Berge, die im Dunst nur schemenhaft wahrnehmbar sind, begleiten uns.

Unterwegs stoppen wir kurz bei einer alten Karawanserei, um uns mit Bananen, Mandarinen und Cookies zu stärken und unseren ziemlich niedrigen Blutzuckerspiegel zu heben. Dort leben heute alte Bauern, die Kamele züchten – früher, bevor die Menschen Autos benutzten, waren Karawansereien wichtige Unterkünfte, Schutzräume und Handelsorte. Alle 30 Kilometer gab es eine solche antike «Autobahnraststätte», aufgereiht ähnlich einer Perlenkette. 30 Kilometer entsprach damals einem Tagesmarsch und jeder Reisende war froh, dass er nach den Reisestrapazen seine Kamele tränken, seine Waren verkaufen, die neusten Nachrichten erfahren und sicher ruhen konnte. Endlich in Yazd, hat der Goldbazar zum Glück schon geschlossen, sodass wir unseren dringenden Grundbedürfnissen (Toilette und Essen) nachgehen können. Wir schlagen uns im Lehrerhostel am reichhaltigen Buffet hungrig die Bäuche voll – allen voran Thierry :-) Wir staunen alle, wie viel er essen mag! Nach einer lustigen Teerunde sinken wir müde in unsere Betten.

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